Problemstellung:
Die Kriege in Eritrea (30-jähriger Unabhängigkeitskrieg von 1961-1991 und der Grenzkrieg 1999/2000) hatten nicht nur negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage des Landes, sondern vor allem auf das Leben und die Gesundheit der eritreischen Bevölkerung.
Mehr als 20.000 Menschen (Männer und Frauen, Alte und Junge) leiden seit den Kriegen an einer körperlichen Behinderung. In der Hauptstadt Asmara gibt es zwar das Denden Zentrum für Körperbehinderte, welches Platz für ca. 350 schwer behinderte Menschen bietet. Es gibt hier jedoch keine adäquat ausgestattete Abteilung, in der die Menschen ihre körperlichen und damit verbunden oft auch seelischen Leiden lindern oder beheben können.
Eine große Anzahl der Denden Zentrum Bewohner sehen sich durch ihre Behinderung ausgeschlossen aus dem gesellschaftlichen Leben und leiden unter der Monotonie des Heimalltags. Manche vertreiben sich die Zeit mit Karten spielen, andere lenken sich mit Alkohol oder Rauchen ab oder sitzen einfach nur resigniert herum. Leider gibt es innerhalb des Behindertenzentrums keine Möglichkeit für psychotherapeutische Behandlungen oder Angebote zur Ergo- und Beschäftigungstherapie, und auch keine Geräte zur Förderung der Fitness und Physiotherapie. Fehlende Bewegung, Langweile, Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit sind Folgen dieser schwierigen Lebenssituation. Therapien außerhalb der Klinik können sich die Bewohner, die so gut wie kein Geld besitzen, nicht leisten.
Lösung:
Zur Lösung der oben genannten Problemstellung entstand die Idee zur Errichtung eines Physiotherapie- und Fitnesszentrums. Dieses Zentrum konnte jedoch nicht ohne fremde Zuwendungen errichtet werden. Aufgrund dieser Tatsache hat sich der eritreische Verein für Körperbehinderte in Stuttgart e.V. an die W.P. Schmitz-Stiftung in Düsseldorf gewandt und hat hier einen offiziellen Projektantrag gestellt, in dem die Problemstellung sowie Zielsetzung des Projektes erläutert worden sind. Glücklicherweise wurde der Projektantrag durch die Schmitz Stiftung genehmigt und die Stiftung erklärte sich bereit 75% der Projektausgaben zu finanzieren. Nachdem die finanzielle Hürde überwunden wurde, begann die Planung des Zentrums. Gemeinsam mit dem hiesigen Verein vor Ort sowie der betroffenen Zielgruppe in Eritrea wurde definiert welche Fitnessgeräte benötigt wurden. Schnell wurde klar, dass man auf gebrauchte Fitnessgeräte, die ohne Stromanschluss funktionierten, ausweichen muss. Aufgrund der schlechten Stromversorgung in Eritrea wollte man ausschließen, dass die Behinderten Menschen in Eritrea auf Strom angewiesen sind, um trainieren zu können. Nach einer umfassenden Suche nach Geräten wurde unser Verein auf Physiobuy in Steinfurt aufmerksam und konnte hier behindertengerechte Fitnessgeräte erwerben. Diese wurden über den Seeweg nach Eritrea verschifft. Vor Ort wurde ein Gebäude durch den Verein in Eritrea zur Verfügung gestellt. Bevor das Gebäude genutzt werden konnte, mussten zuvor Renovierungsarbeiten sowie bauliche Anpassungen des Eingangsbereiches veranlasst werden. Nach der erfolgreich durchgeführten Sanierung konnten die Fitnessgeräte aufgebaut werden. Am 18. April 2018 wurde das Fitness- und Rehazentrum im Denden Zentrum für Körperbehinderte in der Hauptstadt Asmara offiziell eröffnet werden. Zur Eröffnungsfeier kamen unter anderem die Gesundheitsministerin Frau Amna Nurhussein sowie die Sozialministerin Frau Luul Ghebreab. Im Fitness- und Rehazentrum können die körperbehinderten Menschen 7 Tage die Woche trainieren. Das Fitness- und Rehazentrum hat einen ausgebildeten Physiotherapeuten angestellt. Dieser kann fünf Tage die Woche vormittags sowie nachmittags in Anspruch genommen werden. Durch die Anwesenheit des Physiotherapeuten wird sichergestellt, dass die körperbehinderten Menschen eine auf Sie zugeschnittene Therapie erhalten. Da die meisten Menschen vorher noch wenig Berührung mit Fitnessgeräten hatten, war es zudem essenziell eine erfahrene Person anzustellen, die Hilfe leistet eine korrekte Anwendung der Fitnessgeräte zu gewährleisten. Folgende Aktivitäten sind geplant:
– Individuelle Trainingsplanerstellung
– Manuelle Therapie
– Krankengymnastik
– Gerätegestützte Bewegungstherapie
– Bewegungstherapie
– Fitnesstraining
– Beratung
Das Behinderten Zentrum befindet sich in einer ehemaligen Kaserne der amerikanischen Streitkräfte. Dort ist auch eine kleine Klinik für behinderte Menschen vorhanden. Die Klinik wird von einem Arzt, einem Physiotherapeuten und einigen Alten- und Krankenpflegern betreut. Nach Fertigstellung der Praxis wurde die Verwaltung und Betreuung der Praxis an die Klinik übertragen. Unsere Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Klinik und Klinikleitung sind stets positiv. Nach einem Jahr im Betrieb wurden die laufenden Kosten für das Fitness- und Physiotherapie Zentrum und die Kosten für den Betreuer von der Partnerorganisation und von unserem Verein übernommen.
Benefiz:
Mit der Einrichtung eines Fitness- und Rehazentrums zur seelischen und körperlichen Therapie und mit der Ausstattung des Raumes mit Fitnessgeräten können die behinderten Menschen unter Anleitung und Begleitung von ausgebildeten Fachkräften:
- wieder Vertrauen in ihre körperlichen Kräfte und Fähigkeiten bekommen.
- ihre Muskeln trainieren, um die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit ihres Körpers zu verbessern und somit eventuell auch wieder in einen Arbeitsprozess zu kommen.
- durch die körperliche Betätigung und die neuen Erfahrungen mit ihrem Körper Eigeninitiative, Aktivität und Lebensfreude erfahren.
- eine Ablenkung haben vom tristen Klinikalltag und von posttraumatischen Kriegserlebnissen.
- Mut und Hoffnung bekommen, dass sich für ihr Leben doch noch Perspektiven auftun.
- durch die Benutzung der Geräte vom Alkohol-, der Spiel und Nikotinsucht abgelenkt werden oder möglicherweise auch von diesen Ersatzbefriedigungen wegkommen.
- durch mögliche Erfolgserlebnisse an den Geräten wieder ein Ziel vor Augen haben, um ihr Leben wieder mehr selbst in die Hand nehmen zu können und produktive Tätigkeiten übernehmen zu können.